Länger arbeiten!!!
Allein schon diese Überschrift mag für viel als Provokation durchgehen. Fakt ist, dass ein großes Potenzial des Arbeitsmarktes in der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer liegt. In der Welt am Sonntag und in der FAZ waren am letzten Wochenende bemerkenswerte Analysen und Kommentare zu diesem Thema u.a. von Robin Alexander von der WELT und Prof. Enzo Weber vom IAB zu lesen. Die Statistik ist eindeutig: bis 2035 verlassen sieben Millionen Beschäftigte durch Erreichen der Altersgrenze den Arbeitsmarkt und dies wird durch die unselige Rente mit 63 für langjährig Versicherte noch verschärft. Wenn jetzt ausgerechnet Andrea Nahles und Arbeitsminister Heil, die beide für dieses Rentengeschenk verantwortlich sind, die Arbeitgeber auffordern, Ältere länger zu beschäftigen, klingt dies wie blanker Hohn. So richtig diese Forderung ja in der Sache ist, denn die Wirtschaft und übrigens auch der öffentliche Dienst brauchen die erfahrenen Arbeitskräfte länger, eine Veränderung braucht ein Umschwenken in der Politik und bei Arbeitgebern. Prof. Weber macht den sinnvollen Vorschlag, einen späteren Renteneintritt mit Extra-Zuschlägen in der Rente zu belohnen oder die Neueinstellung von Personen im Rentenalter als sachgrundlose Befristung auszugestalten. Dies wären schnelle Lösungsmöglichkeiten, die im Übrigen auch für alle politisch Verantwortlichen ohne Gesichtsverlust umsetzbar wären. Eine wesentliche Voraussetzung ist jedoch von uns allen noch zu leisten: die Einstellung zur Arbeit, die nicht Last ist, sondern Freude und Erfüllung bietet und nicht nur die Existenz sichert. Wer in seiner Aufgabe Erfüllung findet und in der Zusammenarbeit mit anderen, ist in der Regel glücklicher und zufriedener. Dies bedeutet eine fortlaufende Veränderung von Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung durch Arbeitgeber, gemeinsam mit ihren Beschäftigten hierfür die Rahmenbedingungen zu setzen. Flexible Arbeitszeiten, Erholungszeiten für ältere Beschäftigte, Gesundheitsprogramme und Partizipation am Arbeitsplatz sind nur einige Möglichkeiten, die hier genutzt werden können. Die Lust am längeren Leben kann auch einhergehen mit der Freude am längeren Arbeiten.
Rudolf Kast, Freiburg 24.8.23